Kunst-Auktionshaus WENDL, Rudolstadt in Thüringen

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Auktionatorin Anke Wendl behält bei der Versteigerung einer Cloisonné-Vase aus Japan Publikum, Internet und Telefonbieter im Blick. Foto: Hanno Müller

Rudolstädter Auktionshaus ist das größte in Ostdeutschland

Rudolstadt. Einmal kam bei Wendls ein schöner Schreibsekretär unter den Hammer. Laut Katalog stammte er aus der Zeit von Karl Friedrich Schinkel und war angeblich sogar vom Berliner Architekten entworfen worden. An die Aufregung, die das monumentale Möbelstück aus Mahagoni samt feuervergoldeten Beschlägen auslöste, erinnert sich Auktionshaus-Inhaber Martin Wendl allerdings weniger gern. Wie sich nämlich herausstellte, war einer der Vorbesitzer kein Geringerer als Hitlers Haus- und Hof-Architekt Albert Speer. Auch mutmaßte man, Speer könne während der Nazizeit unrechtmäßig in den Besitz des exquisiten Stücks gelangt sein. "Alle stürzten sich damals auf die Sensation, von unserer Auktion selbst war kaum noch die Rede", erinnert sich Wendl. Dabei seien Sensationen doch genau das, was man im größten Auktionshaus Ostdeutschlands weder erstrebe noch brauche. Man sei vielmehr angetreten, Auktionen das Image des besonders Teuren und Elitären zu nehmen.

Eine große Auswahl zu möglichst niedrigen Einstiegspreisen soll bei vielen Interesse und Lust am Mitsteigern wecken. Bei Wendls, so das Credo, sollen schöne Dinge für jedermann erschwinglich sein. So auch bei der aktuellen Herbstauktion. Fast 5000 Positionen sind im dicken Katalog beschrieben, Hochglanzfotos zeigen jedes Stück. Von allem ist etwas dabei. Es gibt Asiatica, Keramik, Grafik, Bücher, Uhren, Skulpturen, Schmuck, Spielzeug, Teppiche, Porzellan, Gemälde und vieles mehr. Seit Donnerstag redet sich Hauptauktionatorin Anke Wendl dafür den Mund fusselig. Pro Stunde ruft sie bis zu 150 Offerten auf, viel Bedenkzeit bleibt den Käufern während der Auktion nicht. Genau deshalb wird der Katalog auch schon Wochen vorher an die Interessenten verschickt. Insider sind vorbereitet.

Geboten werden kann vor Ort im Auktionssaal, via Internet oder am Telefon. Manchmal hätten sie bis zu 15 Leute gleichzeitig an der Strippe, verrät Oliver Hellmuth, der mit Frank Schröder die fernmündlichen Gebote übermittelt. Viele nutzen zudem die Möglichkeit, ihre Höchstgebote schriftlich anzumelden. Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – verkauft! Und schon klappert wieder die Computertastatur und die nächste Nummer erscheint auf dem Monitor.

Werk von Gerd Krauss bleibt im Katalog vereint
Eine Besonderheit dieser Herbstauktion ist die Versteigerung des Nachlasses von Gerd Krauss (1941–2012). Der Frankfurter Bühnenbildner, Filmarchitekt und Maler hinterließ eine große Sammlung eigener und fremder Stücke. Seine Spezialität waren Gemälde, die mittels Draht und kleinen Skulpturen dreidimensional in den Raum erweitert wurden. Selbst hat Krauss seine Arbeiten zu Lebzeiten nur wenigen Vertrauten und selten öffentlich gezeigt. Bevor sie am Freitag unter den Hammer kamen, kuratierte Wendl-Tochter Julia Marie deshalb eine kleine Ausstellung, die eine Woche lang in der Heidecksburg zu sehen war. Dazu gibt es einen Sonderkatalog. "Wenn es sich schon nicht verhindern lässt, dass Teile dieser schönen Sammlung nun verschiedene Wege gehen werden, so bleibt sie doch in diesem kleinen Buch vereint", sagt die junge Frau, die das Ausstellungs- und Auktionshandwerk unter anderem in England bei Sotheby´s und Christie´s gelernt hat.

17 000 Kunden stehen in der Wendl‘schen Kundenkartei. Eine Weltkarte im Büro des Auktionshaus, dicht gespickt mit bunten Stecknadelköpfen (einschließlich Neuseeland) zeigt, wo überall auf der Welt die Bieter zu Hause sind. "WWW – World Wide Wendl" nennen sie das hier scherzhaft. Auch diesmal kommen die Gebote aus aller Welt – Auktionatorin Anke Wendl schickt Grüße nach London, Prag, Madrid, Budapest...

Schon oft erzählt, aber immer wieder gern gehört: In Rudolstadt gibt es keinen Hammer. Die Auktionatorin klopft die Gebote mit einem Spielzeugschwein aus Holz ab. Als man Anfang der 1990er zur ersten Auktion rief, stellte man plötzlich fest, das man keinen Hammer hatte. Das Holzschwein tat es damals auch – seitdem gilt es als Auktionsglücksschwein. Wer etwas ersteigert hat, kann seine Trophäen gleich mitnehmen. So wie der 82-jährige Hans Straub aus Süddeutschland. Der Sammler kleiner Elfenbeinfiguren hat reiche Beute gemacht. Hat er viel Geld ausgegeben? "Alles im Limit" versichert er.

Die Wendl-Herbstauktion in Rudolstadt, August-Bebel-Straße 4, dauert bis Samstag. Bis 22 Uhr werden u. a. Porzellan und Gemälde versteigert.

Hanno Müller / 22.10.16 / TA